Auf wiedersehen George, hallo Fernanda!

Man hatte geglaubt, sie wäre ausgestorben und dementsprechend gross war die Freude weltweit, als die Fernandina-Riesenschildkröte wiederentdeckt wurde. Dennoch bleibt nicht viel Zeit, um die Spezies vor dem Aussterben zu retten.

SHANEY HUDSON

Als die seltenste Kreatur der Welt 2012 starb, stand dies weltweit in den Schlagzeilen. Jahrelang war Lonesome George, eine Pinta-Island-Schildkröte, das Aushängeschild für die Naturschutzbemühungen auf den Galapagos-Inseln. Er war das letzte noch lebende Exemplar seiner Art – ein Schild das für Touristen an Georges Gehege aufgestellt wurde, bringt es auf den Punkt:

„Was auch immer mit diesem einzelnen Tier geschieht, es soll uns immer daran erinnern, dass das Schicksal aller Lebewesen auf der Erde in den Händen der Menschen liegt.“

Als George im Alter von 101 Jahren verstarb, bedeutete dies das Ende seiner gesamten Spezies. Aber 2019 gab es dann neue Hoffnung als eine Fernandina-Riesenschildkröte entdeckt wurde – eine Art, von der man angenommen hatte, sie wäre bereits ausgestorben. „Es war lange Zeit nicht bekannt, dass auf Fernandina Schildkröten leben,“ erklärt Dr. James Gibbs, stellvertretender Direktor für Wissenschaft und Umweltschutz des Galápagos Conservancy und Schildkrötenexperte an der State University of New York.

„Diese letzten Schildkröten zu schützen, ist von grosser Dringlichkeit. Sie wurden möglicherweise zum Zeitpunkt ihres Aussterbens neu- bzw. wiederentdeckt.“

„In den letzten Jahren wurde man gelegentlich auf Anzeichen von Schildkrötenaktivität aufmerksam“, sagt Dr. Gibbs. „Mit der Entdeckung von Fernanda können wir nun sagen, dass es auf Fernandina immer noch Schildkröten gibt.“

Zu versuchen, die Galapagos-Schildkröten zu retten, war eine gewaltige Aufgabe, denn man ging davon aus, dass die Population der als Welterbestätte gelisteten Inselgruppe nur noch bei 10 bis 15 % der ursprünglichen Population lag. Bei den meisten Spezies von Galapagos-Schildkröten war der Mensch für das Aussterben verantwortlich. Schiffsbesatzungen sahen in den Tieren eine praktische Fleischquelle, und mit den Schiffen kamen auch Ratten auf die Inseln, die die Schildkröteneier frassen, während die mitgebrachten Ziegen den Lebensraum der Schildkröten zerstörten. Man hatte geglaubt, die auf Fernandina heimische Spezies Chelonoidis Phantasticus – besser bekannt als Fernandina-Riesenschildkröte – sei durch Vulkanaktivitäten ausgelöscht worden. Zuvor war das einzige noch lebende Exemplar – ein männliches Tier – bei der Expedition der California Academy of Sciences im Jahr 1905–06 entdeckt (und getötet) worden.

2019 stellte Washington Tapia, Leiter für Umweltschutz bei Galápagos Conservancy, auf einer Expedition, die von der Leitung des Galápagos Nationalparks organisiert und von Animal Planet unterstützt wurde, absolut unerwartet fest, dass die Spezies gar nicht ausgestorben war. „Das Gefühl, bei der vielleicht wichtigsten Entdeckung des Jahrhunderts – einer lebenden Schildkröte auf Fernandina – dabei gewesen zu sein, war einfach unbeschreiblich“, schrieb Washington in einem Blog-Beitrag für das Conservatory.

Es wird davon ausgegangen, dass die Schildkröte, die den Spitznamen Fernanda erhielt, etwa hundert Jahre alt ist. Zu bestätigen, dass es sich tatsächlich um eine Fernandina-Riesenschildkröte und nicht um eine andere Spezies handelte, die von einer Insel zu einer anderen geschwommen war, erforderte aufwändige genetische Untersuchungen, die von Wissenschaftlern der Yale University durchgeführt wurden.

Die Ergebnisse werden demnächst offiziell veröffentlicht. Fernanda wurde in das Schildkröten-Zuchtzentrum auf Santa Cruz gebracht und unter Quarantäne gestellt. Die Entscheidung basierte auf zwei Faktoren: Zum einen wäre es schwierig geworden, die Schildkröte auf der grossen Insel wiederzufinden und zum anderen befindet sich auf Fernandina der grösste aktive Vulkan der Galapagos-Inseln. Über dreissig Eruptionen wurden verzeichnet, die letzte im Januar 2020. Aus diesem Grund ist es dringend erforderlich, nach Fernandina zurückzukehren, um weitere noch lebende Exemplare zu finden. Biologen von Galápagos Conservancy vermuten, dass mindestens noch zwei weitere Schildkröten auf der Insel sind, vielleicht sogar zehn.

„Der nächste Schritt besteht darin, die Suche auf der Insel fortzusetzen“, sagt Dr. Gibbs. „Die Suche ist aus zwei gründend dringend. Die Population ist so klein, dass sie höchstwahrscheinlich schon allein aus diesem Grund gefährdet ist, und ausserdem gibt es auf der Insel einen sehr aktiven Vulkan, der fast jedes Jahr ausbricht. „Diese letzten Schildkröten zu schützen, ist also von grosser Dringlichkeit. Sie wurden möglicherweise zum Zeitpunkt ihres Aussterbens neu- bzw. wiederentdeckt.“

Für Dr. Gibbs würde eine erfolgreiche Expedition bedeuten, dass „man auf der Insel eine für die realisierbare Weiterzucht erforderliche Mindestanzahl von drei Männchen und drei Weibchen findet. Diese würden auf der Insel in sichere Lebensräume mit einer guten Futter-, Wasser- und Nistplatzverfügbarkeit gebracht – abseits der Bereiche, die am stärksten von der Vulkanaktivität betroffen sind“, erklärt er. „Oder sie werden möglicherweise in Gefangenschaft weitergezüchtet und später wieder auf der Insel freigelassen.“

Seit 1965 gibt es auf den Galapagos-Inseln ein Programm für die Zucht in Gefangenschaft im Rahmen einer Strategie zur Erhaltung und Wiederherstellung der Schildkrötenpopulation. Das Programm war ein Erfolg: Auf Española zum Beispiel wurden über 7.000 junge Schildkröten freigelassen. Seit Anfang der 1990er vermehrt sich die Population wieder auf natürlichem Wege. Einen passenden Zuchtpartner für Fernanda zu finden, ist von entscheidender Bedeutung, um die kurz vor dem Aussterben stehende Spezies zu retten. George konnte nie eine Partnerin für die Fortpflanzung finden, aber die Naturschützer haben die Hoffnung, dass Fernanda mehr Glück in der Liebe haben wird.

Danny Rueda Córdova, der Leiter der Direktion des Galapagos-Nationalparks, hat angekündigt, dass im September 2021 ein Team nach Fernandina zurückkehren wird, um dort nach weiteren Riesenschildkröten zu suchen. „Wir möchten unbedingt verhindern, dass Fernanda das gleiche Schicksal ereilt wie George“, sagt er.

„Die Welt ist immer noch voller Geheimnisse“, sagt Dr. Gibbs, der sich auf die nächste Expedition vorbereitet. „Spezies, die als ausgestorben galten – sogar sehr grosse und charismatische Tiere wie Riesenschildkröten – leben möglicherweise noch. Wir können das Aussterben also quasi ‚rückgängig‘ machen, wenn wir schnell handeln.“

Für Hurtigruten Expeditions hat der Schutz des empfindlichen und schönen Ökosystems, das wir erforschen, höchste Priorität. Mit jeder Expeditions-Seereise zu den Galapagos-Inseln tragen unsere Gäste direkt zum Schutz der artenreichen Wälder im Nordwesten Ecuadors bei, die 2018 zum UNESCO-Biosphärenreservat erklärt wurden.

Penguins perched on the ice of Cuverville Island, Antarctica. Credit: Espen Mills / HX Hurtigruten Expeditions

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